1938 brachte die türkische Armee in Dersim bis zu 70 000 Aleviten um. Dank einiger beherzter Privatpersonen konnte der Völkermord dem Vergessen entrissen werden Helga Hirsch
Dersim '38" steht auf dem Transparent, das aus dem vierten Stock im Zentrum der ostanatolischen Stadt Tunceli hängt. Vor kurzem noch ein unvorstellbares Bild - der Gebrauch des alten Namens der unbotmäßigen Provinz war im öffentlichen Leben verboten. Unvorstellbar auch, ausgerechnet an das Dersim des Jahres 1938 zu erinnern - an jene Zeit, in der das türkische Militär mit schließlich 50 000 Soldaten große Teile der alevitischen Bevölkerung der Provinz erschoss, erstach, verbrannte und deportierte. Und in der am Steuereines der Flugzeuge, die die Dörfer bombardierten, Sahiba Gökçen saß, die Adoptivtochter von Staatspräsident Mustafa Kemal Atatürk, die hier ihre ersten Einsätze als Kampfpilotin flog.
Vor einem Jahr nun hat die Föderation der Dersim-Gemeinden in Deutschland ein Büro im Zentrum der Provinzstadt eröffnet: ein Arbeitsplatz mit Computern und Telefon für einige Mitarbeiter, die in Deutschland geschult wurden, um nach dem Vorbild des Spielberg-Archivs Interviews mit Zeitzeugen des Massakers von 1937/38 zu führen. Der Publizist und Dokumentarfilmer Cemal Tas fand die über Achtzigjährigen überall: in Istanbul, an der türkischen Westküste, sogar in Deutschland, wo inzwischen 150 000 bis 200 000 Emigranten aus der Region leben. Die meisten aber fand er in Dersim selbst, in den abgelegenen Bergdörfern und kleinen Orten ihrer Heimat.
"Komm einfach vorbei", hat Xidir Tunc gesagt. "Ich bin immer da." Xidir Tunc ist 84 Jahre alt. Rüstig, mit faltigem, dunkelbraun gegerbtem Gesicht und flinken Augen. Er hockt auf einem Schemel im Schatten eines Maulbeerbaumes, während Cemal Tas die Kamera aufstellt, die Lichtverhältnisse prüft und den obligatorischen Fragebogen zur Person ausfüllt. Xidir Tunc wird der 211. Zeitzeuge im Oral-History-Projekt Dersim '38 sein, das die Dersim-Gemeinden in Europa mit privaten Spendengeldern seit zwei Jahren finanzieren.
Die Provinz Tunceli/Dersim, eine unzugängliche Region in Ostanatolien mit tiefen Schluchten und Bergketten bis zu 3600 Metern Höhe, war ein Rückzugsgebiet für verfolgte Aleviten schon seit frühen Osmanischen Zeiten. In den 1930er-Jahren lebten hier und an den Rändern der Nachbarprovinzen gut 150 000 Menschen alevitischen Glaubens, von den Türken verächtlich als "Kisilbasch-(Rotköpfe)-Aleviten" bezeichnet.
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Bitte mal den Wiki Artikel über den von Türken an den armeniern begangen Völkermord lesen